Stellungnahme der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg zur Thematik von wissenschaftlichen Publikationen in kostenpflichtigen Journalen ohne adäquate Qualitätskontrolle ("Predatory Journals")

Seit über zehn Jahren gibt es eine stetig wachsende Zahl von dubiosen Journalen, die sich als ernsthafte wissenschaftliche Fachjournale ausgeben, aber rein kommerziellen Zwecken dienen und praktisch jede eingereichte Arbeit ohne ausreichende Qualitätskontrolle publizieren. Meist sind diese angeblichen Fachjournale aus Kostengründen nur im Internet einsehbar. Durch dieses Geschäftsmodell entsteht der Wissenschaft und der Gesellschaft insgesamt schon seit längerem ein beträchtlicher Schaden. Kürzlich ist diese verwerfliche Praxis nun auch in den Fokus einer breiteren Öffentlichkeit gerückt.

Die Medizinische Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg positioniert sich zu dieser Thematik wie folgt:

Die Publikation von wissenschaftlichen Originalarbeiten, Fallbeschreibungen, Methodenpublikationen, Übersichtsartikeln etc. in Zeitschriften ohne einen qualifizierten externen Begutachtungsprozess entspricht nicht den Regeln guter wissenschaftlicher Praxis und wird strikt abgelehnt. Solche Veröffentlichungen können daher bei Evaluationen (z.B. Tenure Verfahren) nicht berücksichtigt werden.

Die Seniorautoren und/oder korrespondierenden Autoren einer Arbeit sind verantwortlich, sich von der Qualität eines Journals zu überzeugen, bevor ein Manuskript dort eingereicht wird. Eine erste Richtschnur ist dabei, ob das Journal in PubMed gelistet ist. Im Zweifelsfall sind auch Listen von Predatory Journals im Internet einsehbar. Diese Listen sind jedoch ihrerseits umstritten. Weitere mögliche Kontakte zur Abklärung sind z.B. die Universitätsbibliothek, fördernde Stiftungen, sowie das Prodekanat Forschung der Fakultät.

Soll ein Manuskript ohne vorherige fachliche Begutachtung umgehend und weltweit einsehbar veröffentlicht werden, wofür es wichtige Gründe geben kann, so ist dies problemlos, kostenfrei und sehr rasch möglich über qualitative hochwertige "Preprintserver" wie z.B. den BiorXiv Server von Cold Spring Harbor Laboratories. Die Manuskripte sind dann eindeutig als unbegutachtet erkennbar, erhalten aber einen DOI ("digital object identifier") und sind somit zitierbar.

Besonders für Nachwuchswissenschaftler/-innen ist es manchmal schwer, Predatory Journals auf Anhieb zu erkennen. Deshalb werden bereits seit einiger Zeit die medizinischen Doktoranden/Doktorandinnen unseres strukturierten Promotionsprogramms HaPKoM im Rahmen der Einführungsveranstaltung "Introduction into Experimental Strategy, Design and Conduct" explizit vor Predatory Journals gewarnt. Alle Arbeitsgruppenleiter/-innen, die Nachwuchswissenschaftler/ -innen betreuen, stehen aber darüber hinaus ebenfalls in der Verantwortung, die notwendige Aufklärungsarbeit zu leisten.

Wir weisen außerdem darauf hin, dass es inzwischen auch eine große Zahl von zweifelhaften internationalen, pseudo-wissenschaftlichen Veranstaltungen gibt, welche Fachkonferenzen imitieren, aber ebenfalls in erster Linie kommerziellem Profit dienen. Diese werden in der Regel durch E-Mails ungefragt angekündigt. Dabei werden kostenpflichtige Einladungen ausgesprochen. Bestehen begründete Zweifel an der Qualität einer Konferenz, sollten die Dienstreisen nicht von dem/der Einrichtungsleiter/-in befürwortet werden.

Die Medizinische Fakultät unterstützt nachdrücklich die Open Access Initiative der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, d.h. die Publikation von wissenschaftlichen Arbeiten in qualitativ hochwertigen Fachjournalen mit unbeschränktem, weltweitem Zugriff. Es wird darauf hingewiesen, dass die MLU über einen speziellen Publikationsfonds verfügt der Open Access Publikationskosten übernehmen kann, sofern zum betreffenden Zeitpunkt ausreichende Mittel verfügbar sind.

gezeichnet
Vorstand und Forschungsausschuss der Medizinischen Fakultät
Halle (Saale), den 24.09.2018