Offenheit und bestmögliche medizinische Versorgung: So hilft die Universitätsmedizin Halle Kindern mit Krebserkrankungen und deren Familien

Ein Junge sitzt in einem Krankenhausbett, seine Mutter steht dicht bei ihm und hat den Arm um seine Schulter gelegt. Sie schaut auf ein Heft, das auf einem Tischchen liegt. Ihnen gegenüber steht Dr. Caspar Kühnöl, er und der Junge schauen sich in die Augen. Im Hintergrund sind medizinische Geräte und ein Teil des Zimmers auf der Kinderonkologischen Station zu sehen.

Der achtjährige Lennox mit seiner Mutter und dem behandelnden Oberarzt Dr. Caspar Kühnöl.

Pro Jahr erkranken in Deutschland etwa 2.200 Kinder an Krebs. Die Heilungschancen sind heute vergleichsweise gut: Vier von fünf Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren können geheilt werden. Dennoch bedeutet die Diagnose für die Betroffenen und deren gesamte Familie einen großen Schock und Einschnitt in ihr Leben. Helfen kann neben optimaler medizinischer Versorgung, Unterstützung bei der Organisation des Alltags und psychologischem Rückhalt auch, offen über die Erkrankung zu reden. Anlässlich des internationalen Kinderkrebstages am 15. Februar mit dem Motto „Dem Schweigen entgegenwirken“ tut die Universitätsmedizin Halle genau das: über Krebserkrankungen bei Kindern sprechen und dazu beitragen, Barrieren abzubauen.

„Wenn wir Kinder mit Krebs behandeln, ist besonderes Fingerspitzengefühl gefragt“, sagt Dr. Jessica Höll, kommissarische Leiterin der Universitätsklinik und Poliklinik für Pädiatrie I. „Die Familien befinden sich in einer absoluten Ausnahmesituation. Als zertifiziertes Kinderonkologisches Zentrum behandeln wir krebskranke Kinder auf höchstem Niveau, sodass die Familien sicher sein können, die bestmögliche Versorgung zu erhalten.“

Ärzt:innen verschiedener Fachrichtungen, professionelle Pflegefachkräfte und das psychosoziale Team des Kinderonkologischen Zentrums der Universitätsmedizin Halle arbeiten hierfür eng zusammen. „Dabei profitieren wir von der engen Vernetzung der Fachdisziplinen innerhalb der Universitätsmedizin Halle sowie mit anderen Krankenhäusern und Kliniken in Halle und der Region“, sagt Dr. Jessica Höll.

Unterstützt wird das Team vom Verein zur Förderung krebskranker Kinder Halle (Saale), der in unmittelbarer Nähe zum Klinikum seinen Sitz hat. Die Mitarbeitenden des Vereins beraten die Familien etwa zu sozialrechtlichen Fragen, helfen beim Ausfüllen von Anträgen oder lockern mit kreativen Beschäftigungsangeboten den Alltag auf der Station auf. Zudem ist der „Kinderplanet“, wie die Villa gleich gegenüber des Universitätsklinikums in der Ernst-Grube-Straße genannt wird, ein Rückzugsort für Betroffene. Kinder können in Haus und Garten unbeschwert spielen, für Angehörige gibt es Übernachtungsmöglichkeiten und vieles mehr.

„Die Angebote des Kinderplaneten sind wirklich toll“, sagt Juliane L. „Dass Feste wie Ostern und Fasching so gelebt werden, ist zum Beispiel besonders schön.“ Auch die Unterstützung beim Ausfüllen von Anträgen und Formularen hat die Mutter des achtjährigen Lennox gern in Anspruch genommen.

Lennox ist eines von etwa 45 Kindern, die pro Jahr an der Universitätsmedizin Halle onkologisch behandelt und betreut werden. „Es fing damit an, dass sein Fußballtrainer im Januar 2022 bemerkt hat, dass Lennox beim Training oft humpelt“, erzählt Juliane L. „Nach einigen Untersuchungen gab es den Verdacht auf ein Osteosarkom.“ Die Kinderärztin habe sie zur Abklärung aus ihrem Heimatort im Harz an die Universitätsmedizin Halle überwiesen. Dort gab es dann die Bestätigung: Knochenkrebs im rechten Kniegelenk.

„Ein Osteosarkom, oder Knochenkrebs, ist der häufigste Knochentumor bei Kindern, trotzdem extrem selten und dazu sehr bösartig“, sagt Dr. Caspar Kühnöl, Oberarzt an der Universitätsklinik und Poliklinik für Pädiatrie I. Nur etwa 2,6 Prozent der ans Deutsche Krebsregister gemeldeten Krebserkrankungen im Kindesalter sind Osteosarkome. Auch an der Universitätsmedizin Halle kommen sie nur selten vor.

Im Mai 2022 erfolgte die erste Chemotherapie. Drei Monate später und nach Abwägung aller Risiken und Faktoren in einer multiprofessionellen Tumorkonferenz stand fest, dass Lennox‘ Bein amputiert werden musste. „Die Entscheidung, einem Kind, das dazu noch gern Fußball spielt, das Bein abzunehmen, ist natürlich keine leichte“, sagt der Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin. „Doch es war in diesem Fall die vielversprechendste Option, unseren Patienten zu heilen.“ Mit einer individuell angepassten mitwachsenden Prothese soll Lennox schließlich wieder laufen können.

Die Prognosen für die weitere Genesung seien sehr gut, zeigt sich Dr. Caspar Kühnöl zuversichtlich: „Lennox hat auf die Therapie sehr gut angesprochen. Besonders erstaunt und gefreut hat uns, wie schnell er sich nach der Operation in seine neue Lebenssituation eingefunden hat. Für den weiteren Weg, den er vor sich hat, ist das extrem wichtig.“

Mutter Juliane L. freut sich vor allem darauf, dass Lennox bald wieder nach Hause darf, „dass wir unseren Alltag wiederhaben“. Tatsächlich hat Lennox auch im Krankenhaus fast jeden Tag für die Schule gelernt, sodass er das Schuljahr wahrscheinlich nicht wiederholen muss. Doch der begeisterte FC-Bayern-Fan hat eigentlich vor allem ein Ziel: „Wieder Fußball spielen können.“

 

DFG-zertifiziertes Kinderonkologisches Zentrum der Universitätsmedizin Halle

Die Pädiatrische Hämatologie/Onkologie an der Universitätsmedizin Halle erfüllt vollumfänglich die Qualitätsanforderungen des Gemeinsamen Bundesausschusses an die stationäre Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit hämato-onkologischen Krankheiten. Seit 2019 ist die Klinik durch die Deutsche Krebsgesellschaft als „Kinderonkologisches Zentrum“ zertifiziert. Es ist das einzige DKG-zertifizierte Kinderonkologische Zentrum in Sachsen-Anhalt.